Ich frage mich ...

Was hat es mit den Anfängen auf sich?

erschienen im Standard 2012

Schon von Anfang an habe ich Anfänge gesammelt.
Das Erzählen ist allein deshalb eine Fiktion, weil es einen Anfang behauptet.

Jemand musste Josef K. verleumdet haben. Dieser Satz ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Seit Jahren schon. Immer wieder zuckte dieser Satz in meinem Hirn. Jemand musste K. verleumdet haben. Und dann konnte ich ihm kaum Einhalt gebieten, konnte ihn nicht zurückweisen, als ich mich vor dem Blatt sitzend um schriftsprachliche Konsistenz mühte. So kam er schnell aufs Blatt und kümmerte sich – ein beispielhafter Egozentriker so gut wie jeder andere Satz – nicht darum, dass er mir diesen Text von Anfang an gründlich vermiesen würde. Keiner könnte diesen Text lesen, ohne diese Referenz zu übersehen. Diese Referenz, die nicht einmal den ganzen Satz, sondern nur ein Fragment leistet. Jeder würde den Autor dieses Textes als Angeber oder als Nichtsnutz, der mit den Verdiensten anderer zu prahlen suchte, klassifizieren. Oder ihn gar als Naivling, der glaubte, hier würde ein großer Betrug unerkannt bleiben, betrachten. Und damit wäre es geschehen, noch bevor Wesentliches passieren hätte können. Es wäre um den Text geschehen, der einer mehr wäre in jenem Universum der vielfach ungelesenen Texte.

Aber wie ist es mit dem Weiterlesen bestellt? Welche Gewürze müssen auf den ersten Seiten verstreut sein, damit eine Lektorin oder ein Juror sich die Mühe des Umblätterns antun? Würden sie oder er es nicht tun, würde der Text nie Bekanntschaft mit einer Buchleserin und einem Buchleser machen. Bliebe der Text immer nur Text, ohne erfolgreich bestandene Reifeprüfung mit Buchabschluss? Wie könnte es verhindert werden, dass eine und einer nicht nur etwa teilnahmslos Blatt für Blatt wenden, sondern am Geschehen teilhaben und sich nicht entziehen können? (...)

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